Winterschlaf
Schlaff in den Seilen.
Ein Sparring-Partner chancenlos
hängen und würgen wir das Jahr
bis ganz ans Ende.
Es kommt immer
etwas dazwischen
und sei es so
auch nur das Kapitälchen
das wir hier nicht
wollen (Word sei Dank).
Mein Herz so still
ein Zucken ist es nur
von Muskelmasse noch
wie fest geschraubt hängt
dort
im Brustkorb eine überreife
alte Frucht – es
schlägt
von Zeit zu Zeit und Puls genug
für dieses Jahr.
Ein Prosit dunklen leeren Nächten
im Frost erstarrt der graue Wind,
ein Flüstern nur,
das unser Leben hält
und dieses träge müde Pochen würzt:
die Fantasie.
Traum des Farns
Mein Leben folgt dem Schatten im Wald
seit Pflanzengedenken, in Kohle geerdet,
von Sauriern verdaut, karbonbäumealt,
blütenlos träumend und zweifach gebärdet.
In kugligen Wiegen drängen sich
die Zwillingsheere der Sporenkrieger.
Schwer trägt der Arm, die Wedel biegen sich
unter der Last der unzähligen Kapselflieger.
Der Wind reißt meine Kinder hinfort,
Tausendlinge kreiseln in seinem Hauch,
sein Atem trägt weit und lässt sie erst los
am Ziel ihrer Reise, am neuen Ort.
Sie grüßen die Erde, den Schlamm und den Mist,
und nisten und warten und wachsen und zittern
zum hässlichen Wesen, prothallisches Wittern,
das kaum erst erzeugt schon Erzeuger ist.
Der Regen reißt seine Maske hinfort
und baut flüssige Brücken am trockenen Ort,
der Gamet schickt seine Samen ins Feld
und gebärt und erschafft eine grüne Welt.
So drängt das Rhizom, entfaltet die Blätter,
die Basis zuerst, zuletzt erst die Spitze,
die Sprosse empor ins Vorfrühlingswetter
und streckt sich hinaus in die feuchtwarme Hitze.
Mein Leben folgt dem Schatten im Wald
seit Pflanzengedenken, in Kohle gepresst,
von Menschen verbrannt gewähre ich Halt
und lade euch ein zum Farnwedelfest.
Angezählt
Das Jahr zählt
immer anders
wählt man Sekunden,
Tage, Wochen, Runden
und für die Ewigkeit ist’s eh nur Peanuts,
ein Häutchen Mesokarp,
nicht mehr.
Und dennoch füllt ein Menschenjahr
in meiner Brust ein Unikum
so schwer und voll wie Tausend Tage
geboxtes Mesozoikum.
Durch Kreide kämpfen müde Donnerwesen
in Bits und Bytes verwolkt sich unser Denken.
Wir kotzen lieber um die Wette,
damit das Konsumieren schneller geht.
Das Holozän ist tief gealtert,
ein Greis, den niemand pflegen mag,
die dürre Hand fällt zitternd ausgestreckt
ins All geleert und ausgedrückt.
Es kümmert
nicht
das Anthropozän
scharrt
mit den Klauen
auf seiner Mutter
Erde Haut.
Schreck-Sekunde
Ich mag das ruhige Lied der Schrecken,
ihr sanftes Locken aus den Hecken,
grad im Moment:
Ich höre nichts.
Nicht ganz nicht nichts,
doch oh kein Zirpen.
Nicht mehr am Meer
und nicht bei uns
im Sommer wo sie zahlreich hocken
und aus den Hecken trillernd locken
nur mich
nicht mehr.
Die Erinnerung ist noch da, das schon
(ein Glück? Es lässt sich kaum ertragen).
Allein die Jahre sägen, nagen
an der, an meiner Physiologie
und meißeln Löcher in die Zellen
versickert Lebensenergie,
gefleckte Haut zerfällt in Wellen,
der Schweiß tropft stinkend aus den Poren -
ich fühl mich selten neugeboren -
und jetzt noch das: kein Zirpen, Zirren, Schwirren mehr!
Nur eine Saite ist gerissen
schon stockt die ganze Symphonie,
fehlt nur ein Ton in diesem Weltenklang
so wird Wehklagen aus Gesang.
Und ist’s ein Ton nur, der ein X
in meine schöne Gleichung bringt,
die Last des Fehlens wird mir schwer,
wenn nichts mehr in den Ohren schwingt.
So hock ich zitternd nackt auf schwerem Boden
such den Kontakt zu luftgen Arthropoden
und klammre mich an dieses Wissen fest:
Noch bleibt mir ja der Augen-Blick,
im Hören tu ich mir halt schwer.
Ein Dröhnen hallt in meinen Ohren:
„Jung bist Du Mensch schon lang nicht mehr.“