FK: „Ihr seid ja ein Autorenduo, was gerade bei Krimis ja nicht selten vorkommt. Fruttero & Lucentini fallen mir ein, Sjöwall & Wahlhöö oder Klüpfel & Kobr. Gibt es einen Zusammenhang zum Genre?“
K&K: „Du meinst, außer dass diese Namen alle unaussprechlich sind? (Lachen.) Na ja, vielleicht eignen sich Krimis wirklich gut für eine solche Teamarbeit: Mehrere Ermittler, mehrere Perspektiven, die man sich teilen kann. Oder einer schreibt den Kommissar, der andere den Täter. Außerdem ist das Konstruieren eines Krimis, den man ja vom Ende her aufzubauen pflegt, nicht ganz einfach. Da ist doppelter Input auch nicht schlecht.“
FK: „Aber wie schafft man es, den Schreibstil anzugleichen? Besteht nicht die Gefahr, dass das Manuskript auseinanderfällt?“
K&K: „Ah, die berühmte Frage nach dem ‚aus einem Guss‘. Anfangs gab es wirklich große Unterschiede im Schreibstil, in der Art der Charakterdarstellung und Perspektivierung. Aber wir haben oft umgearbeitet. Einer hat den Text des anderen korrigiert, der dann diese Fassung wiederum korrigierte – und immer so weiter. Das führte irgendwann dazu, dass wir im Klang des anderen schreiben konnten. Und irgendwann gar nicht mehr genau wussten, wer welche Szene eigentlich geschrieben hatte.“
FK: „Also kein Streit?“
K&K (lachend): „Den einzigen wirklichen hatten wir, als Ex-Fahnder Karsten Bartsch ein Kinderlied vor sich hinsummt: Der Hahn ist tot. Uwe wollte den Text unbedingt auf Deutsch, Jonas Torsten zwingend auf Französisch. Da haben wir uns so reingesteigert, dass wir den Lektor entscheiden ließen. Wir sind halt beide, was die Sprache angeht, ein wenig puristisch und perfektionistisch. Sie könnten jetzt übrigens gerne auch inhaltliche Fragen zu unserem Buch stellen …“
FK: „Oh, okay, gut. Also: Wie kamt ihr eigentlich auf die Idee, einen Orni-Krimi zu schreiben?“
K&K: „Wir sind beide auf unsere Art sehr naturverbunden. Uwe studierte Biologie und betreibt das Portal www.krueger-naturfoto.de. Er lebt draußen auf dem Land, fährt Kajak und klettert. Jonas Torsten dagegen wohnt mitten in Berlin, bewegt sich selten und liest eigentlich nur. Aber er studierte im Nebenfach Botanik, war Vogelzivi auf Norderney und immer mal wieder auf Beringungsstationen im Einsatz. Dort kam er auch zu den beiden folgenschweren Einsichten: Ornithologen und Vogelfreunde sind ziemlich schräge Vögel. Und: Sie lesen gerne Krimis. Was lag also näher, als beides zu verbinden?“
FK: „Die Anekdoten aus der Vogelwelt sind also selbst erlebt?“
K&K: „Alle. Die Geschichte mit dem Schokoladenei im Vogelnest hat Uwe zum Beispiel auf einer Exkursion der Uni Frankfurt erlebt. Und dass Ornis sich einen gefrorenen Seeadler wie einen Ball zuwerfen ist Torsten tatsächlich so passiert. Also ja. Letztlich kann man sagen: Nur den Mord haben wir uns ausgedacht!“
FK: „Wie intensiv war die Recherche?“
K&K: „Tief wie die Reise zum Mittelpunkt der Erde. (Lachen.) Nein, im Ernst: Recherche, das sind die Knochen eines Buches, das Skelett. Ohne sie kann der Mensch nicht stehen oder gar laufen. Aber den Menschen machen nicht die Knochen aus, sondern Fleisch, Blut, Herz und Hirn. Die biologischen Themen – auch was die Forschung bei Orni Charm Pharmaceutical angeht – sind durchaus fundiert. Obwohl wir beide in Frankfurt am Main geboren sind und lang dort lebten, trafen wir uns mehrmals in der Stadt, um neue Locations und Bauten kennenzulernen. Eine Zeit lang wuchsen in Frankfurt die neuen Hochhäuser ja schneller als die Seiten eines Manuskripts.“
FK: „In eurem Buch spielt die Strandfurt eine Rolle, Karstens Zuhause direkt am Main, eine Mischung aus Kiosk, Künstlertreff und Drogenberatungsstelle. Ich nehme an, das zumindest ist ausgedacht?“
K&K: „In dieser Form schon, ja. Allerdings hatten wir auch für die Strandfurt ein reales Vorbild: Den Orange Beach (http://www.orangebeach-frankfurt.de/) im Gutleutviertel, eine wirklich nette Strandbar am Mainufer mit Livekonzerten und sehr gemischtem Publikum.“
FK: „Die Welt der Ornithologie erscheint bei euch oft bunt und fluffig, es gibt aber auch ernstere, ja fast düstere Abschnitte in dem Krimi …“
K&K: „Ja, das stimmt. Es war uns wichtig, dass der Roman eine Balance findet zwischen skurrilen, lustigen Szenen und berührenden, ernsthaften Abschnitten, in denen unsere Helden ihre persönlichen Grenzen erreichen. Das Schandfleckenprojekt oder Karstens Vergangenheit als Drogenfahnder sind solche Konfliktthemen. Und dann haben wir natürlich die ganze Palette der menschlichen Unzulänglichkeiten genutzt, um unsere Akteure lebendig werden zu lassen.“
FK: „Euer Krimi schreit ja geradezu nach einer Fortsetzung: Karola Bartsch trägt noch eine Menge ungelöster Probleme mit sich herum, und Karstens Vergangenheit wurde ja ohnehin nur angedeutet. Kommt da noch was?“
K&K: „Yes Sir! Tatsächlich ist Bartsch&Bartsch von uns zumindest auf eine Trilogie angelegt. Den zweiten Band haben wir auch schon ziemlich detailliert durchkonstruiert.“
FK: „Wie war die Zusammenarbeit mit dem Verlag?“
K&K: „Großartig. Wir haben zwar keine Ahnung, wie Emons das macht – rund hundert Krimis pro Halbjahr erscheint uns doch ein schwer zu schulternder Akt. Aber die Mitarbeiter sind durchweg so kompetent wie freundlich: Offenbar herrscht bei denen in Köln eine tolle Arbeitsatmosphäre. Ein wenig problematisch wurde es nur da, wo’s immer schwer ist Verlag und Autor unter einen Hut zu bringen: Bei Cover und Titel.“
FK: „Und das heißt was genau?“
K&K: „Das meint: Sowohl Cover wie Titel wird vom Verlag bestimmt. Der Autor hat natürlich Mitspracherecht bei der Auswahl, muss aber wirklich sehr, sehr gute Argumente haben. Für das Cover gab es mehr als ein halbes Dutzend Varianten, für den Titel dreimal so viel. „Die Tränen der Vögel“ war der letzte Vorschlag von Emons. Der gefiel uns allen auf Anhieb, hatte aber einen entscheidenden ornithologischen Nachteil: Vögel weinen nicht. Die Tiere besitzen eine Nickhaut, die für die Befeuchtung der Augen sorgt. Und manche Meeresvögel (Möwen zum Beispiel) haben Salzdrüsen an der Nase respektive Schnabel, womit sie Salz ausscheiden können. Aber Tränen? Wir entschlossen uns also, lange nach Beendigung des Manuskripts, nur weil der Titel so lautete, wie er lautete, ein paar neue Szenen mit Titelbezug einzubauen.“
FK: „Letzte Frage an zwei Frankfurter Krimi-Autoren: Lieber Ebbelwoi oder Bier?“
K&K: „Das ist nicht die wichtigste Frage, denn ein Hesse trinkt schon beides gern. Die zentrale Frage wäre eher: Trinkt ihr Euer Stöffsche pur oder gespritzt?“