FK: „Dein erster Satz?“
UK: „Mama … Hunger! Nein, Spaß beiseite. Der erste Satz in einer Geschichte ist immer wichtig. Das wussten schon die Brüder Grimm. Meiner lautet so: Martin Paschke presste sein faltiges Gesicht so lange an die Scheibe, bis er sich selbst in einen Fisch verwandelte und zusammen mit Blaustreifenschnappern und flaschengrünen Demoisellen durch fünftausend Liter Meerwasser glitt. Du glaubst gar nicht, wie lange ich an dem Satz gefeilt habe …“
FK: „Ist Frankfurter Fische Dein Wunschtitel?“
UK: „Nicht ganz. Mein Wunsch- und langjähriger Arbeitstitel war ‘Die Spur der
Fische‘. Das trifft es besser, denn der Roman geht weit über einen Regionalkrimi heraus, da er naturwissenschaftliche Spannungsfelder wie die These vom Wassermenschen oder genetisch veränderte
Organismen mit mehreren komplexen Mordfällen in Verbindung setzt. Mittlerweile gefällt mir aber der Vorschlag vom Verlag sehr gut und ich muss auch nicht jedesmal an Frankfurter Würstchen
denken.“
FK: „Zu welchem Genre würdest Du Deine Geschichte zählen?“
UK: “Ah, die berühmte Frage nach der passenden Schublade. Die Geschichte
spiegelt auch meine Interessen und Hobbies wieder. Science-Crime beschreibt es recht treffend, wenn Du unbedingt ein Etikett drauf kleben möchtest.“
FK: „Wo würdest Du das Buch am liebsten vorlesen, wenn Du die Wahl hättest?“
UK: „Sehr gerne im Exotarium des Frankfurter Zoos, weil mich das tolle Aquarium im Untergeschoss schon als Kind fasziniert hat und weil die wichtige Anfangsszene im Krimi dort spielt. Das Exotarium lässt sich sogar für Veranstaltungen mieten. Leider sprengen die Kosten meine finanziellen Möglichkeiten …“
FK: „Was ist Deine Lieblingsstelle oder Dein Lieblingszitat im Buch?“
UK: „Aus dem Humus unter ihr tauchten winzige Lebewesen empor, suchten die Wärme ihres Körpers, tasteten und kauten, lutschten und saugten daran. Mistkäfer und Pseudoskorpione huschten über ihre Haare, Fadenwürmer und Asseln drangen in die Falten ihrer Haut, Springschwänze und Hundertfüßer naschten an abgestorbenen Zellen und tranken ihren Schweiß. Sie suchten und fanden Nahrung auf diesem fremden Organismus, geleitet von einem inneren Wissen, das sie antrieb und ihr Überleben und das ihrer Art sicherte. Und Hanna ließ es geschehen, schmeckte den eigenen Tod und hieß die knabbernden Herrscher der Erde willkommen, verneigte sich vor den Destruenten der Nacht.“
FK: „Und die brutalste oder unheimlichste Stelle?“
UK: „Also die ekligste Stelle ist wohl die folgende, wobei ich natürlich nicht verraten möchte auf wen Hanna da eigentlich stößt:
Dann stutzte sie, hob den Kopf und schnupperte wie ein Tier. Die feuchte Luft klebte förmlich an ihr – das war nichts Neues. Aber ihre Zusammensetzung hatte sich geändert. Eine süßlich-faulige Penetranz ging von dem Gas aus. Und dann sah sie es. Einen Körper, dessen Gliedmaßen unnatürlich verrenkt in die Höhe ragten. Fleckig-braune Lederschuhe. Durchnässte Hose. Zerfetztes Hemd. Darunter verwesende Fleischreste, freigelegte Rippenbögen, Fraßspuren von Tieren. Ein Kopf, der mehr Schädel als Haut und Haare zeigte.“
FK: „Welches ist Deine Lieblingsfigur in der Geschichte?“
UK: „Bei den Menschen ist es Hannas Freundin Kordelia in die ich mich echt verlieben könnte. Leider gibt es für sie kein Happy-End in der Story. Und bei den Tieren ist es gar kein Fisch, sondern die kleine Ratte Ritze. Mmh, Tiere mit Fell scheinen uns eher anzusprechen als solche mit Schuppen. Obwohl … den Kugelfisch und den elektrischen Wels finde ich auch unglaublich faszinierend.“
FK: „Wie viel Autobiographisches steckt in der Geschichte?“
UK: „Jede Menge was die Hintergrundinformationen über die Aquaristikbranche betrifft und ja, Klaus Sebald trägt wohl auch ein paar Charaktereigenschaften, die er sich von mir ausgeliehen hat. Natürlich nur die guten (lacht). Die eigentliche Geschichte ist aber erstunken und erlogen.“
FK: „Was war Deine größte Herausforderung beim Schreiben?“
UK: „Die Anforderungen im Hauptberuf mit dem Schreiben in der knappen Freizeit zu vereinbaren, das ist immer ein Balanceakt, vor allem weil da ja auch noch das Kuschelbedürfnis der Familie ist. Und einen Teil der Geschichte wollte ich unbedingt in der Frankfurter Kanalisation spielen lassen, was erst dann funktionierte, als ich die Möglichkeit erhielt, an einer Führung der Stadtwerke teilzunehmen. Erst danach war es mir möglich, die Atmosphäre im Bauch der Metropole wirklich authentisch und glaubhaft zu beschreiben.“
FK: „Was hat noch keiner Deiner Leser bisher entdeckt?“
UK: „Was bisher kaum jemandem aufgefallen ist, das ist die besondere Bedeutung der Namen meiner wichtigsten Akteure: Klaus Sebald ist der, der bald zum Sehenden wird, Hanna Samak trägt einen der wenigen Vornamen, die sowohl im muslimischen als auch im christlichen Kulturkreis vorkommen und der Name des Tierarztes Frank Litos ist eine Anspielung auf Doktor Frankenstein. Gemerkt hat’s kaum jemand.“
FK: „Ist eine Fortsetzung der Frankfurter Fische geplant?“
UK: „Nein. Der Fall ist aufgeklärt und abgeschlossen.“
FK: „Wie lange hast Du an den Frankfurter Fischen geschrieben?“
UK: „Das verrate ich Dir, wenn wir uns auf einer Lesung begegnen.“